Wie engagierst du dich freiwillig?
Stephanie Hess hat zahlreiche junge Erwachsene interviewt, die sich ehrenamtlich engagieren. Im Zentrum stehen Fragen nach der Motivation und die schönsten Momente, die sie bei ihrer Freiwilligenarbeit erleben. „Mein Ziel ist es, aufzuzeigen, wie vielfältig das freiwillige Engagement ist und welchen Beitrag dies zur positiven Entwicklung der jungen Menschen sowie ihrer Umwelt leisten kann.

 

Benedikt Knüsel

26, Ruswil (Luzern)

Wie engagierst du dich freiwillig?

Wir haben letztes Jahr im Sommer 2015 den Verein Swiss Youth for Climate (SYFC) gegründet. Das ist ein parteipolitisch unabhängiger Verein, der sich dafür einsetzt, dass junge Leute eine Stimme bekommen in der Klimapolitik sowohl in der Schweiz wie auch auf der internationalen Ebene. Unsere ursprüngliche Idee war es, dieses Ziel zu verfolgen, indem wir eine Delegation an die Klimakonferenz der UNO in Paris schickten. Darauf hin merkten wir, dass unsere Arbeit damit nicht beendet ist. Wir beschlossen, auch in der Schweiz unseren Beitrag zu leisten, indem wir politische Tätigkeiten wie beispielsweise Volksinitiativen, die sich für einen ambitionierteren Klimaschutz einsetzen, unterstützen. Des Weiteren wollen wir Aufklärungsarbeit betreiben. Momentan sind wir beispielsweise daran, eine Podiumsdiskussion mit verschiedenen Parlamentarierinnen und Parlamentariern zu organisieren. Es geht dabei darum herauszufinden, was die Bedeutung des Klimaschutzes in der Schweizer Politik eigentlich ist. Wir versuchen also an allen Fronten des Klimaschutzes und der Klimapolitik aktiv zu sein.

Wieso engagierst du dich freiwillig?

Ich bin durch mein Studium zu dieser Thematik gelangt. Ich habe Umweltnaturwissenschaften an der ETH Zürich studiert und habe mich auf Fragen spezialisiert, bei denen es um Klimawandel und Gesellschaft geht. Es ist also ein Thema, das mich seit Jahren beschäftigt. Als ich dann die Möglichkeit gesehen habe, mit unserer Präsidentin Océane Dayer diesen Verein auf die Beine zu stellen, hat mich dies von Anfang an sehr interessiert und ich wollte unbedingt mitmachen.

Was war der schönste Moment, den du bei deinem Engagement erleben durftest?

Obwohl ich damals selber nicht dabei war, war der schönste Augenblick am letzten Tag der Verhandlungen der Klimakonferenz in Paris. In unserem Gruppenchat haben die Delegationsmitglieder kommentiert, was gerade passiert. Auf einmal kamen die Nachrichten, dass dem Abkommen praktisch nichts mehr im Weg steht. Wir hatten zuvor lange das Gefühl, dass die Hürden zu gross sein könnten und sich die Staaten deswegen nicht einigen könnten. Als es dann klar war, dass das Abkommen zustande kommt und dass es sogar viel besser ausfallen würde, als wir befürchtet hatten, war es ein sehr schöner Moment.

Wie sollte deiner Meinung nach die Politik/der Staat die Freiwilligenarbeit besser fördern?

In unserem Bereich ist es als junge Organisation nicht so einfach, gehört zu werden. Es wird zwar geschätzt, dass wir da sind, aber man begegnet einem nicht von allen Seiten auf Augenhöhe. Wir haben zum Teil schönes Feedback erhalten, z.B. als wir von Bundesbehörden angefragt wurden, ob wir uns in den Prozess für eine Gesetzesumsetzung einbringen möchten. Aber in anderen Bereichen wird man manchmal als naive Jungmannschaft betrachtet, obschon wir in unserem Verein über sehr viel Expertise verfügen. Gerade bei einem Thema wie Klimaschutz könnte der Austausch meiner Ansicht nach besser funktionieren, vor allem weil es eine Problematik ist, die uns Jungen viel stärker betrifft als die Generationen vor uns.

Welches Ziel nachhaltiger Entwicklung passt am besten zu deinem Engagement?

Am direktesten passt sicherlich das Ziel Nummer 7 „Bezahlbare und saubere Energie“ und das Ziel Nummer 13 „Massnahmen zum Klimaschutz“ dazu. Aber der Klimawandel, wie wir ihn als Verein verstehen, tangiert noch viele andere Bereiche, wie beispielsweise das Ziel Nummer 11 „Nachhaltige Städte und Gemeinden“. Die Ziele Nummer 1 und 2 (keine Armut und kein Hunger) sind darüber hinaus natürlich auch betroffen.

Caroline Steiblin

21, Riehen (Basel)

Wie engagierst du dich freiwillig?

Ich bin eine von drei Schweizer Vertreterinnen von Thought For Food, eine Stiftung für Ernährungssicherheit. Ihr Ziel ist es, mehr als neun Milliarden Menschen bis zum Jahr 2050 (nahrhaft) ernähren zu können. Die Stiftung ist weltweit vertreten mit 5000 Studenten in über 100 Ländern und an über 600 Universitäten. Als Vertreterin der Stiftung nehme ich an Konferenzen in der ganzen Welt teil. Ich war bisher in Cambridge, gehe im September nach New York und vielleicht nach Krakau. Die Stiftung schreibt jeweils einen Wettbewerb aus, bei dem man Ideen für neue Firmen vorschlagen kann, z.B. wenn einer eine Firma für vertical farming gründen will. Wenn die Idee gut ist und den Wettbewerb gewinnt, hilft die Stiftung mit Fonds, damit die Firma auch gegründet werden kann. Wir haben seit 2011 mehr als 18 neue Firmen gegründet. Ich habe selber im Jahr 2015 am Wettbewerb teilgenommen. Unser Team kam unter die Top 20. Ich erlebte einen „Aha-Moment“ als ich alle diese motivierten Studenten gesehen habe. Dies hat ein gutes Gefühl in mir ausgelöst. Von da an wollte ich mich für die Stiftung engagieren.

 

Wieso engagierst du dich freiwillig?

Ich glaube Freiwilligenarbeit gibt einem die Chance, etwas zu machen, das nicht unbedingt mit dem traditionellen Studium verwandt ist. Das fördert die Innovation und Motivation. Es gibt Tage, an denen mich mein freiwilliges Engagement mehr motiviert aus dem Bett zu kommen als das Studium. Es ist ein neuer Weg für junge Leute, einen Impact zu haben. Manchmal können junge Leute durch ihr Engagement mehr erreichen als die Politiker. Das Engagement gibt den Leuten eine grössere Identität gegenüber der Welt.

Was war der schönste Moment, den du bei deinem Engagement erleben durftest?

Das tönt jetzt vielleicht wie ein Klischee, aber jedes Mal wenn ich die Stiftung repräsentiere, ist es schön. Ich lerne dabei sehr viel und entwickle Fähigkeiten, die mir bei der Arbeit und im Studium helfen. Letzte Woche durfte ich vor der Gründerin von DSM unsere Stiftung vorstellen. Ihre Rückmeldungen waren sehr positiv. Dies gibt mir Hoffnung, dass es mit der Menschheit voran gehen kann. Auch als ich bei unserem letzten Summit als Moderatorin dabei war, habe ich tolle Resultate und viele motivierte Menschen gesehen. Dies motiviert mich selber auch. Wenn man sieht, dass man eine Idee verbreiten kann, ist sein Engagement schon lohnend.

Wie sollte deiner Meinung nach die Politik/der Staat die Freiwilligenarbeit besser fördern?

An meiner Hochschule gab es ein Pflichtfach, bei dem man während einem Jahr 20 Stunden in lokalen Unternehmen freiwillige Arbeit leisten musste. Solche Programme könnten helfen, Freiwilligenarbeit zu promovieren. Denn obwohl es Anfangs eine Pflicht ist, wird man vielleicht bei guter Erfahrung damit weiter machen.

Welches Ziel nachhaltiger Entwicklung passt am besten zu deinem Engagement?

Das Ziel Nummer 2 „Kein Hunger“ und das Ziel Nummer 12 „Verantwortungsvoller Konsum und Produktion“. Ernährungssicherheit hat zum Ziel, mehr als neun Milliarden Menschen zu ernähren. Die Verantwortung dafür haben aber nicht nur die Mitgliedsstaaten oder die Politik. Es ist ein globales Problem, dass alle zusammen lösen müssen.

Faleena Meili

21, wohnt in Stäfa

Wie hast du dich freiwillig engagiert? Was war deine Arbeit/deine Projekte?

Ich war in England im Sprachaufenthalt und habe eine Kollegin dort kennengelernt, die in Indien Freiwilligenarbeit an einer Schule für Kinder mit Behinderung leistet. Dies hat mich begeistert und ich wollte auch etwas Ähnliches tun. Darauf hin habe ich mich bei der gleichen Organisation namens Nouvelle Planète gemeldet. Mein Einsatz war während 3 Wochen in Kamerun, die grössere Arbeit jedoch hat in der Vorbereitungsphase in der Schweiz stattgefunden. Wir haben fast ein Jahr lang Spenden gesammelt für Nouvelle Planète und das Projekt in Kamerun. Neben der Schweizer Organisation war noch die Partnerorganisation in Kamerun involviert. Zusammen wollten beide Organisationen ein zweites Sekundarschulhaus aufbauen, da die Schüler viel zu wenig Platz haben. Wir haben Spendenbriefe an grosse Firmen geschrieben. Ich habe zusammen mit einer Freundin ein Benefizkonzert organisiert und so kam ziemlich viel Geld zusammen. In Kamerun habe ich dann Gruben gegraben, zementiert etc.

 

Wieso engagierst du dich freiwillig?

Es hat für mich zwei Gründe. Erstens ist es natürlich eine Art Selbsterfüllung, es ist nie so dass man einfach so hilft. Es ist eine Herausforderung, die man auf sich nehmen möchte, um sich selber zu entwickeln. Zweitens ist es natürlich so, dass man weiss, dass es anderen Leuten nicht so gut geht wie einem selber. Man schätzt dadurch das Glück, dass man hier in der Schweiz studieren kann. Hier wird einem (auch mir) geholfen. Wäre ich in einem anderen Land, könnte ich nicht studieren. Diese beiden Ziele kann man verbinden: etwas für sich selber erreichen und gleichzeitig anderen helfen.

Was war der schönste Moment, den du bei deinem Engagement erleben durftest?

Das Lachen und die Dankbarkeit der Menschen waren unglaublich. Es kamen immer wieder Leute auf uns zu, die sich bei uns bedankten. Sie waren sehr grosszügig, haben uns als Geschenk Mais gebracht. Zum Teil ging es fast schon so weit, dass sie uns wie Götter behandelt haben. Man hat sich beinahe unwohl gefühlt.

Wie könnte und sollte deiner Meinung nach die Politik/der Staat das freiwillige Engagement junger Menschen (besser) fördern?

Man sollte jungen Leuten zeigen, dass man auch interessiert daran ist, dass sich etwas verändert. Dies z.B., indem man Menschen bewusst macht, dass es Orte und Probleme gibt, wo man Leute zur Unterstützung brauchen könnte. Dies könnte anhand von Werbung zu konkreten Beispielen geschehen, bei denen man Bedarf an Freiwilligen hat (z.B. in Form eines Magazins). Die Politik sollte sich mehr an der Entstehung und Förderung von Freiwilligenorganisationen beteiligen. Man könnte auch Anreize schaffen, irgendeine Form von Anerkennung oder in Form von Anlässen, die nur für Freiwillige sind. Eine andere Idee wäre Begegnungszentren zu schaffen, wo sich freiwillig Engagierte austauschen können. Dies sollte generationenübergreifend sein. Gerade dadurch, dass Familien kleiner geworden sind, und man sich innerhalb der Familie weniger Unterstützung leistet, hat Freiwilligenarbeit eine grössere Bedeutung erlangt. Man muss aber zuerst das Bewusstsein dafür anstossen, dass z.B. ältere Leute Hilfe beim wöchentlichen Einkauf bräuchten. In Begegnungszentren könnte man diese Bedürfnisse präsentieren und Leute einander vermitteln. Viele Personen würden sich vielleicht gerne engagieren, wissen aber nicht, wie sie konkret helfen könnten.

Welches Ziel nachhaltiger Entwicklung passt am besten zu deinem Engagement?

Ich würde das Ziel 17 „Partnerschaft zur Erreichung der Ziele“ nennen. Bei diesem Projekt ist Nouvelle Planète mit einer einheimischen Organisation in Kamerun eine Partnerschaft eingegangen. Es war also nicht einfach nur so, dass eine Schweizer Organisation einem anderen Land etwas aufdrängen möchte, sondern es waren zwei selbstständige Organisationen. Auch das Dorf in Kamerun konnte dazu beitragen. So kann man andere am besten unterstützen, indem man ihnen hilft, selber etwas aufzubauen.

Hannah Ärni und Stefan Zimmermann

21, Zürich und 21, Winterthur/Oerlikon

Wie engagierst du dich freiwillig ? Was ist deine Arbeit/dein Projekt?

Stefan: Im Rahmen des Vereins „Achtung Liebe“ machen wir in Schulklassen Aufklärungsunterricht. Dies ist jedoch nicht ein „Standard Aufklärungsunterricht“, sondern etwas interaktiver. Da wir selber relativ jung sind, können wir in der gleichen Sprache wie die Schüler und Schülerinnen über die Sexualität reden und das Thema offener ansprechen. Wir nehmen trotzdem auch die Standardthemen wie Anatomie, Geschlechtskrankheiten und Verhütung durch. Zusätzlich bringen wir Dinge an den Tisch, die die Lehrpersonen nicht so gut ansprechen können, wie z.B. sexuelle Orientierung, Pornografie oder praktischere Aspekte der Sexualität.

 

Wieso engagierst du dich freiwillig?

Hannah: Ich finde, es handelt sich bei der Sexualität um ein unglaublich wichtiges und zentrales Thema für das Leben. Den Aufklärungsunterricht bei uns empfand ich als extrem schlecht. Daraus entsprang das Bedürfnis, etwas zu verbessern.

Stefan: Ich habe angefangen, weil ich dachte, es könnte noch Spass machen. So ist es auch. Die Leute im Verein sind toll. Ich bin sehr gerne Teil davon.

Was war der schönste Moment, den du bei deinem Engagement erleben durftest?

Stefan: Es ist immer wieder schön, wenn man merkt, dass sich die Schüler und Schülerinnen öffnen können und persönlich Dinge ansprechen. Dies gibt einem die Bestätigung, dass man etwas richtig gemacht hat und sie Vertrauen zu einem entwickeln. Schön ist auch, wenn sich Diskussionen in der Klasse entwickeln.

 

Hannah: Für mich gibt es auch nicht EIN schönster Moment. Ich freue mich immer darüber, wenn ich spüre, dass sie etwas beruhigt sind. Sie merken durch den Austausch, dass sie eigentlich völlig normal sind. Sie lernen, dass Sexualität nicht etwas Festgefahrenes ist und sie sich danach arrangieren müssen, sondern dass sie ihre eigene Sexualität kennenlernen dürfen und dass genau diese die Richtige ist.

Wie sollte deiner Meinung nach die Politik/der Staat die Freiwilligenarbeit besser fördern?

Hannah: Man sollte die verschiedenen Möglichkeiten den Leuten näherbringen, so etwa in der Art, wie du es machst.

Welches Ziel nachhaltiger Entwicklung passt am besten zu deinem Engagement?

 

Stefan: Ich würde das Ziel Nummer drei „Gesundheit und Wohlergehen“ wählen, vor allem wegen dem Wohlergehen. Eines meiner persönlichen Ziele bei diesen Schuleinsätzen ist es, dass sich die Schüler und Schülerinnen am Schluss wohl fühlen mit ihrer Sexualität.

 

Hannah: Meiner Ansicht nach passt auch die Nummer drei am besten.

Johannes Suter

25, Zürich

Wie engagierst du dich freiwillig?

Ich bin bei der freiwilligen Feuerwehr der Stadt Zürich. Die freiwillige Feuerwehr unterstützt die Berufsfeuerwehr, die im Ernstfall zuerst ausrückt. Falls diese aber Verstärkung braucht – bei einem Grossereignis von längerer Dauer oder bei kritischen Infrastrukturen wie Universitätsgebäude oder Spitäler – wird zusätzlich die Milizfeuerwehr aufgeboten. Wir erhalten ein Training, Kurse und nehmen an regelmässigen Übungen teil. In der Stadt Zürich sind wir drei Kompanien, die Brandfeuerwehr machen, eine Kompanie, welche die Sanitäter unterstützt, und eine, die bei Verkehrsregulierung mithilft (beispielsweise bei Umleitungen). In unserer Kompanie, welche für den Zürichberg zuständig ist, engagieren sich ca. 50 Freiwillige.

 

Wieso engagierst du dich freiwillig?

Ich war beim Militärdienst bei der Feuerwehr und habe dort ein gutes Training erhalten. Als ich zurück in Zürich war, habe ich mich gefragt: Wieso sollte ich dies nicht weitermachen? Ich habe dann einen Kollegen aus Zürich angefragt, der auch bei der Milizfeuerwehr war, ob ich da auch mitmachen könnte. Meine innere Motivation ist aber nicht nur, dass ich das Gelernte nicht verlieren möchte, sondern auch, dass ich mithelfen können möchte, falls etwas passieren sollte in der Stadt. Durch die Milizfeuerwehr kann ich dank dem Training und der Ausrüstung, die wir erhalten, Unterstützung leisten. Eine weitere grosse Motivation ist, dass ich der Gemeinschaft gerne etwas zurückgeben möchte. Der Schutz der Bevölkerung kommt nicht von alleine. Man sollte die Institutionen des Staates nicht einfach als selbstverständlich erachten, weil man Steuern zahlt, sondern selber überlegen, wo man sich einbringen könnte.

Was war der eindrücklichste Moment, den du bei deinem Engagement erleben durftest?

Gute Frage – ich glaube das war während dem Training im Militär. Auf der einen Seite nimmt man das Militär nicht immer ganz so ernst. Aber einmal hatten wir in den verwinkelten Bunkeranlagen eine Übung, bei denen mit Rauch simuliert wurde und wir nichts sehen konnten. Wir mussten dann die Kollegen aus dem Gebäude befreien und haben gesehen, dass dies viel anspruchsvoller ist, als wir erwartet hätten. Dies hat mich beeindruckt. Durch das Training jedoch haben wir gemerkt, dass wir immer besser wurden und im Team gut zusammengearbeitet haben. Wir haben auch Verantwortung übernommen. Falls etwas passiert wäre, wären wir bereit gewesen.

Wie sollte deiner Meinung nach die Politik/der Staat die Freiwilligenarbeit besser fördern?

In der freiwilligen Feuerwehr wird bereits versucht, das freiwillige Engagement zu fördern. Sie suchen Leute und machen daher viel Werbung. Es gibt Aktionen, bei denen wir uns vorstellen gehen an Schulen oder im Kinderspital. Spannend wäre es, dies auch an der Universität zu machen, gerade wenn es auch darum geht, Leute zu rekrutieren. Das grosse Problem ist, dass man sich schlecht etwas unter dem Engagement bei der freiwilligen Feuerwehr vorstellen kann. Ich wusste zuvor selber nicht einmal, dass es eine Milizfeuerwehr gibt. Im Feuerwehrbereich könnte man mit mehr Ausbildungen und Kurse Leute gewinnen und ihnen zeigen, was man eigentlich machen müsste, wenn es brenzlig wird. Auch Hochwasser- oder Sanitätskurse könnten Leute auf mögliche Risiken sensibilisieren und ihnen aufzeigen, wie und wo sie helfen können.

Welches Ziel nachhaltiger Entwicklung passt am besten zu deinem Engagement?

Meiner Ansicht nach passt das Ziel Nummer 3, Gesundheit und Wohlergehen. Oder die Nummer 6, sauberes Wasser und Sanitäreinrichtungen. Wir löschen nicht einfach nur das Feuer oder pumpen Wasser aus Kellern. Der Schutz von Gewässern (z.B. bei der Ölwehr) ist ein grosses Thema. Immer wenn wir etwas machen, müssen wir schauen welchen Einfluss dies auf die Umgebung und Umwelt haben könnte. Auch die Nummer 11 würde passen. Beim Städte- und Gemeindebau sollte auf die Prävention von Gefahren und Risiken geachtet werden. Wenn man z.B. ein Wolkenkratzer baut, sollte man sich überlegen, wie die Leute daraus gerettet werden können, falls etwas passiert.

Jasmin Weber

24, Zürich

Wie engagierst du dich freiwillig?

Ich bin seit etwa einem Jahr bei foraus Luzern als Regioleiterin tätig. foraus Luzern ist eine Regiogruppe unter mehreren anderen. Zürich oder Genf beispielsweise sind weitere Standorte. Es handelte sich bei der Regioleitung um eine offene Stelle, bei der ich mich beworben habe, ohne genau zu wissen, was mich erwarten würde. Dadurch habe ich die Möglichkeit gefunden, mich ehrenamtlich zu engagieren, indem ich Veranstaltungen zu aktuellen, aussenpolitischen Themen organisiere.

 

Wieso engagierst du dich freiwillig?

Die Themen der Veranstaltungen kann ich frei nach meinen Interessen auswählen. Diese Freiheit macht die Arbeit sehr viel spannender. Ich kann nach dem entscheiden, was ich für wichtig befinde und mir überlegen, zu welchem Thema in der Gesellschaft Informationsbedarf bestehen könnte. Beispielsweise existiert bei der Flüchtlingsthematik viel Unsicherheit. Und genau hier haben wir nun die Möglichkeit, Events zu diesem Thema zu organisieren. Die Veranstaltungen von foraus finden immer in einer lockeren Atmosphäre statt, wo man zu sachlichen Informationen kommt und in interaktiven Diskussionen auch seinen eigenen Beitrag dazu leisten kann.

Was war der schönste Moment, den du bei deinem Engagement erleben durftest?

Das ist keine einfache Frage. Oft waren es die Veranstaltungen, die ich selber mit meinen Co-Leiterinnen organisieren durfte. Es bereitet mir immer grosse Freude, wenn viele Leute an unsere Veranstaltungen kommen, wenn sie sich dafür interessieren und das Thema auf positive Resonanz stösst, sodass die Teilnehmer sich danach sogar weiter engagieren möchten. Darin besteht letztlich auch unser Ziel.

Was mich auch auf meinem Weg bei foraus geprägt hat, war die diesjährige und gleichzeitig meine erste Generalversammlung von foraus. Im Rahmen des Jahresrückblickes war es schlichtweg beeindruckend zu sehen, was aus foraus geworden ist. Unser Präsident Nicolas Forster hat derzeit mit einer Idee den Grundstein gelegt. In der Zwischenzeit hat sich foraus sehr positiv entwickelt und es geht immer weiter. Die Ziele werden hoch gesteckt, das gesamte Team von foraus ist kreativ und ehrgeizig, dennoch sind alle sehr natürlich und zugänglich. Dieses Denken imponiert mir. Mir wurde in diesem Moment an der Generalversammlung bewusst, wie sehr ich die Leute im Team, die Gespräche mit ihnen und die Zusammenarbeit schätze.

Wie sollte deiner Meinung nach die Politik/der Staat die Freiwilligenarbeit besser fördern?

Ich persönlich finde, dass man noch mehr Aufklärungsarbeit darüber machen könnte, was es überhaupt für Möglichkeiten gibt, um sich freiwillig zu engagieren. Ich bin mir sicher, dass das Interesse da ist, die Initiative dazu jedoch selten ergriffen wird. Manchmal scheint es mir, dass wir Menschen in der Schweiz unsere Augen vor den Problemen in der Welt verschliessen oder sie einfach so hinnehmen. Deshalb finde ich, dass man beispielsweise an Schulen auf die Probleme aufmerksam machen und mit einer Einsatzmöglichkeit einen Anstoss geben könnte. Bei meinem früheren Arbeitgeber konnten sich alle Angestellten für einen zusätzlichen Ferientag andernorts engagieren. Damals absolvierte ich meinen Einsatz bei der Heilsarmee und bekam Einblicke, die ich sonst wohl nie erhalten hätte. Ich bin mir sicher, dass diese Art von Engagement Spuren hinterlassen.

Welches Ziel nachhaltiger Entwicklung passt am besten zu deinem Engagement?

Das Ziel Nummer 17 „Partnerschaften zur Erreichung der Ziele“. Das Anliegen von foraus ist es, grenzüberschreitenden Probleme ins Visier zu nehmen, welche die Schweiz alleine nicht lösen kann. Man muss stärker versuchen, zusammen mit anderen Staaten Lösungen zu finden. Die Schweiz sollte keine Angst davor haben. Sie hat einen guten internationalen Status, kann etwas bewirken und muss sich keinesfalls zurückziehen. Das Ziel 17 deckt diesen Punkt ab. Globale Probleme müssen gemeinsam angegangen werden.

Jonas Walther

26, wohnt in Uster

Wie engagierst du dich freiwillig? Was ist deine Arbeit/ sind deine Projekte?

Ich war bei der diesjährigen Nachhaltigkeitswoche im Kernteam, das ist das koordinative Organ der Nachhaltigkeitswoche. Dies ist ein riesiges Projekt mit etwa 70 freiwilligen Mitarbeitenden, alles StudentInnen, bei dem wir während einer Woche ganz viele Events organisiert haben. Ich habe in den letzten zwei Jahren auch schon mitgeholfen. Daneben bin ich im VSUZH Ratsmitglied, das ist die Legislative/ das Parlament des Studierendenverbands. Auch bin ich Delegierter des VSS, vom Gesamtschweizerverband. Vier Jahre lang war ich im Fachverein Soziologie tätig, davon drei Jahre als Co-Präsident.

 

Wieso engagierst du dich freiwillig?

Es macht unglaublich viel Spass. Man lernt tolle Leute kennen, es gehört auch zu meinem Uni-Alltag. Nur in Vorlesungen sitzen könnte ich glaube ich nicht. Für mich gehört da noch mehr dazu, dass man noch dort bleibt mit den Leuten, etwas plaudert und bespricht was eigentlich an der Uni abläuft. Es ist auch eine sehr gute Chance, um einen Einblick in das Uni-Leben ausserhalb des Lehr-Alltags zu erhalten. Und vor allem bei der Nachhaltigkeitswoche hat man auch das Gefühl, recht viele Leute erreichen zu können und sicher auch etwas Sinnvolles zu tun.

Was war der schönste Moment, den du bei deinem Engagement erleben durftest?

(Lacht) Ich würde sagen nach der Nachhaltigkeitswoche ist es, wenn der letzte Tag erreicht ist und alles gut über die Bühne ist, und man endlich wieder einmal schlafen kann. Das ist der beste Moment. Es gibt aber auch noch einen zweiten besten Moment, nämlich die Planungssitzung der Nachhaltigkeitswoche. Dort entstehen die Ideen. 40 bis 50 motivierte Studierende sitzen in einem Raum und man hat noch keine Ahnung wie das Ganze aussehen soll. Diese Sitzung geht jeweils drei bis vier Stunden und ist unglaublich anstrengend, aber es kommen so viele fantastische Ideen zusammen. Am Schluss dieser Sitzungen steht dann ein Teil des Programmes schon und das ist ein tolles Gefühl.

Welches Ziel nachhaltiger Entwicklung passt am besten zu deinem Engagement?

Das Ziel 12 „Verantwortungsvoller Konsum“. Ich denke, dass zu einem grossen Teil der Grund dafür, dass wir unseren Planeten und die Menschen zu Grunde richten, der Kapitalismus ist. Diese Konsum- und Produktionsweise, die den ökonomischen Nutzen maximiert und gleichzeitig eine verschwenderische Konsumkultur befürwortet, ist weder für Menschen noch für die Umwelt sinnvoll.

Julian Osborne

25, Zürich

Wie engagierst du dich freiwillig?

Vor etwa einem Jahr haben wir mit Mi-fi angefangen. Die Idee war damals, einen einzelnen Event zum Thema „How can Microfinance help build or develop capacities where they are needed most?“ zu organisieren. Nach und nach ergab sich aus diesem einzelnen Mi-fi Day weitere Mi-fi Meets. Diese sind kleinere Events während dem Semester. Dieses Semester haben wir drei organisiert - einer mit BlueOrchard, einer mit responsAbility und einer mit Credit Suisse. Diese drei Firmen werden jeweils eine 60 minütige Präsentation zum Thema „How can Technology help Microfinance become more efficient and effective?“. Neben dem Mi-fi Day und den Mi-fi Meets ist das dritte Projekt, welches wir gestartet haben das Mi-fi Module. Hier entwickeln wir modulare Lern- oder Prozesseinheiten. Diese kommen den Institutionen, die die Mikrokredite vergeben, zugute. Ein Beispiel: Es gibt ein sogenanntes „value chain finance“. Man möchte also nicht nur einem Einzelnen einen Kredit geben, sondern ihn in eine Wertschöpfungskette einbinden. Ein Bauer gibt man deshalb nicht nur einen Kredit für den Kauf von Saatgut, sondern man baut ihn ein die Kette mit dem Saatguthersteller, dem Agrarökonom und mit dem Verteiler, der die Produkte schlussendlich kauft. Die Institutionen können also diese Ketten aufbauen anstatt nur den Kredit zu vergeben. Letztes Jahr haben wir zwei Studenten nach Georgien geschickt, die dort mit dem Microfinance Institute Crystal zusammengearbeitet und mit ihnen evaluiert haben, wo sie das Potential hätten, eine solche Wertschöpfungskette aufzustellen.

 

Wieso engagierst du dich freiwillig?

Ich muss ehrlich sagen, dass ich einfach hereingerutscht bin. Es gab kein konkreter Moment, wo ich gesagt habe „So, das möchte ich jetzt machen“, sondern die Entwicklung war kontinuierlich. Begonnen hat es mit meiner Bachelorarbeit, bei der ich Daten einer Firma genutzt habe, die mir später ein Praktikum ermöglichte. Diese Firma betätigte sich im Bereich Microfinance in Georgien. Aus diesem Praktikum heraus hat sich dann die Möglichkeit ergeben, den Mi-fi Day an der Universität zu veranstalten. Daraus entstand Mi-fi. Ich hatte also kein spezifisches Ziel von Anfang an, sondern habe immer geschaut, was der nächste Schritt bringt. Was Spass macht, ist, dass man sieht wie der nächste Schritt kommt.

Was war der schönste Moment, den du bei deinem Engagement erleben durftest?

Ich weiss nicht, ob ich es auf einen Moment herunterbrechen kann. Aber ein Beispiel war letzte Woche. Wir hatten unser erstes Board Meeting in unserem ersten eigenen Büro zwischen dem ganzen Werbematerial, das wir organisiert haben. Dies visualisierte, was wir alles schon erreicht haben inklusive den finanziellen Zuschüssen von Firmen, die wir erhalten haben. Ein anderer guter Moment war, dass die beiden Studenten wirklich nach Georgien gehen konnten und sie heil zurückgekommen sind. Eventuell können wir im Winter oder nächsten Sommer wieder ein bis zwei Studenten zu Microfinance Firmen im Ausland schicken.

Wie sollte deiner Meinung nach die Politik/der Staat die Freiwilligenarbeit besser fördern?

Man muss zwei Sachen unterscheiden: Das erste ist Freiwilligenarbeit allgemein und das Zweite ist etwas freiwillig von null zu starten. Freiwilligenarbeit allgemein zu fördern ist einfach - es gibt so viele vorhandene Möglichkeiten. Man muss die Leute einfach motivieren, offen zu sein und verschiedene Sachen auszuprobieren. Wenn man etwas selber starten möchte, haben die Leute häufig das Gefühl, dass sie das nicht können. Auch hier muss man es einfach wagen und ausprobieren. Der Staat sollte bereits auf Gymnasialstufe mehr Infrastruktur für kreatives und innovatives Engagement zur Verfügung stellen, also nicht nur für Sportaktivitäten. Er könnte auch mit Firmen zusammenarbeiten, wie zum Beispiel mit Google. Google baut Labs auf, bei denen man mit verschiedenen Ideen und Pilotprojekte experimentieren kann.

Welches Ziel nachhaltiger Entwicklung passt am besten zu deinem Engagement?

Ich sehe die 17 Entwicklungsziele und kann sagen, dass man grundsätzlich alle mit Microfinance in Verbindung bringen könnte. Kurzfristig sehe v.a. ein Potential bei Ziel Nummer 1 „Keine Armut“, 2 „Kein Hunger“, 5 „Geschlechtsgleichheit“ und 10 „Weniger Ungleichheit“. Microfinance ist gemacht für Leute, die keinen Zugang zu gewöhnlichen Finanzsystemen haben. Es ermöglicht ihnen, selber etwas aufzubauen. Oftmals gibt man den Frauen die Entscheidungsbefugnis über die Kredite, weil sie eine höhere Rückzahlungsfähigkeit hat als die Männer. Dies gibt einer Frau trotz geringerer Rechte die Möglichkeit viel mehr Entscheidungen im Familienbereich zu treffen. Letztendlich fördern Mikrokredite ein regelmässiges Einkommen, was Hunger reduzieren und weltweit für ein bisschen weniger Ungleichheit sorgen kann.

Patrick Weber

20, Basel

Wie engagierst du dich freiwillig ? Was ist deine Arbeit/deine Projekte?

Ich bin bei BuyAware dabei. Das ist ein Projekt, bei dem wir versuchen, nachhaltige Argumente in die Kaufentscheidung beim Erwerb von Elektronikprodukten zu bringen. Heutzutage ist es so, dass beim Kauf eines Handys oder ähnlichem hauptsächlich Preis, Leistung oder Design ausschlaggebend sind. Ökologische Aspekte werden viel weniger miteinbezogen. Der Grund weshalb wir gerade Elektronikprodukten wählen, ist, dass es für Lebensmittel oder Kleider schon viele Labels wie Bio oder Fairtrade gibt, wohingegen bei Elektronikprodukten ein Mangel an solchen nachhaltigen Angeboten besteht. Es ist gerade bei den Rohstoffen sehr schwierig zu erfassen, wo und wie diese bezogen werden. Das Projekt ist beim Swiss Talent Forum, einem Event von Schweizer Jugend forscht, Januar 2015 entstanden. Das Motto war „smart consumption“. Bei diesem Anlass trafen sich Jugendliche an einem Wochenende in Thun. Wir haben Ideen zu diesem Thema ausgearbeitet, eine davon war dieses Projekt BuyAware. Wir wurden gefragt, ob jemand ihr Projekt weiterverfolgen möchte, und wir gehörten zu den Gruppen die das Glück hatten, dies tun zu können.

 

Wieso engagierst du dich freiwillig?

Es gibt vielerlei Gründe hierzu. Einerseits ist es ein guter Ausgleich zum Studium. Anderseits empfand ich Nachhaltigkeit schon immer als wichtig, aber habe mehr darüber gesprochen als effektiv etwas dafür unternommen. Dieses Projekt gibt mir die Möglichkeit, etwas Konkretes zu tun. Zudem ist es extrem lehrreich. Auch wenn das Projekt schlussendlich nicht gross rauskommen sollte, habe ich trotzdem viel Neues, wie zum Beispiel Projektmanagement, dadurch gelernt.

Was war der schönste Moment, den du bei deinem Engagement erleben durftest?

Vor einem Monat haben wir am Event GenerActions teilgenommen. Dort haben alte Startupper jungen Startuppern Tipps gegeben. Die meisten Älteren waren pensioniert und sehr begeistert von unserem Projekt. Das hat uns sehr gefreut und überrascht, denn eigentlich wären sie überhaupt nicht unsere Zielgruppe (unser Ziel ist es, eine App herzustellen welche Angaben zu den Elektronikprodukten zur Verfügung stellt). Diese Generation kennt sich in diesem Bereich eher weniger aus, die meisten von ihnen hatten nicht einmal ein Smartphone. Dass gerade sie eine solche Freude an unserem Projekt hatten, hat mich sehr erstaunt. Das war wirklich cool.

Wie sollte deiner Meinung nach die Politik/der Staat die Freiwilligenarbeit besser fördern?

Ich wollte mich selber immer engagieren, habe es aber vor diesem Projekt nie gemacht, weil ich nie den Zugang dazu bekam. Über das Swiss Talent Forum wurde die Basis gelegt, worauf ich dann selber aufbauen konnte. Der erste Schritt wird einem durch solche Anlässe abgenommen. Darum würde ich für die Förderung analoger Events plädieren, um die Lust in Jugendlichen zu wecken, selber etwas zu machen.

Welches Ziel nachhaltiger Entwicklung passt am besten zu deinem Engagement?

Wir beurteilen unsere Produkte nach sechs Kategorien: Klima und Energie, Ökologie, Arbeitnehmerrecht, Konfliktmineralien, Transparenz der Firma und Leistung. Von diesen Kategorien sind viele auch unter den Zielen nachhaltiger Entwicklung vertreten. Was sicher dazugehört, ist das Ziel Nummer 7 „Bezahlbare und saubere Energie“ und die Ziele 8 „Menschenwürdige Arbeit“ und 10 „Weniger Ungleichheiten“. Und ganz klar auch das Ziel Nummer 12 „Verantwortungsvoller Konsum und Produktion“, darauf deutet ja nur schon der Name BuyAware hin.

Sofia Sabatini

24, wohnt unter der Woche in Zürich, sonst im Aargau

Wie engagierst du dich freiwillig? Was ist deine Arbeit/ sind deine Projekte?

Ich bin seit Oktober in der Flüchtlingshilfe tätig. Angefangen hat es mit Einsätzen vor Ort. Ich war dreimal vor Ort, zweimal auf der Balkanroute und einmal auf Lesbos. Dazwischen gab es kleinere Projekte, wie Besuche in Asylheimen in Deutschland, Kleidersammlungen oder die Organisation einer Demonstration in Zürich. Dies hat sozusagen meine letzten fünf Monate ausgefüllt.

 

Wie sieht es für die Zukunft aus? Hast du nächste Projekte in Aussicht?

Einerseits möchte ich mich mehr bei der Integration der Flüchtlinge, die bereits in der Schweiz angekommen sind, engagieren. Das heisst mit ihnen zusammenarbeiten, Deutsch unterrichten oder bei sonstigen Integrationstätigkeiten teilnehmen, die von Vereinen wie beispielsweise Solinetz angeboten werden. Anderseits, wenn die Situation so bleibt wie sie ist (was sehr wahrscheinlich ist), würde ich gerne nochmals nach Griechenland. Ich muss einfach noch ausfindig machen, ob dies privat möglich ist. Ich denke, eine bis zwei Wochen sollten aber machbar sein. Dies wäre also mein nächstes Projekt, aber faktisch ist es so, dass man dies alles sehr spontan entscheidet. Ich habe es im Kopf, und dann irgendwann ist der Moment reif und man bucht und geht. Dies ist so, weil sich die Lage immer wieder verändert, sich alles verschiebt, wie beispielsweise als vor drei Wochen die Balkanroute plötzlich geschlossen wurde und auf den Zwischenstationen kaum mehr Helfer gebraucht wurden. Im Moment ist die Lage in Indomeni an der Mazedonischen Grenze zu Griechenland sehr prekär. Ich kenne viele Leute, mit denen ich zuvor zusammengearbeitet habe, die mich ständig über die Situation dort auf dem Laufenden halten. Das reizt einem dann wirklich, wieder hin zu gehen.

Was war der schönste Moment, den du bei deinem Engagement erleben durftest?

Ich finde es gut, dass du dies sagst, weil es tatsächlich auch sehr viele schöne Momente gibt und nicht immer nur die tragischen. Die schönsten Momente sind die Momente der Dankbarkeit, die wirklich zahlreich sind, auch wenn man nicht viel für die Leute machen kann. Man kann ihnen selber kein Asyl gewähren oder nicht den Schutz geben, den sie bräuchten. Aber es sind die kleinen Gesten, die sie schätzen. Zum Beispiel Kinder, die einem Umarmen. Es sind diese Begegnungen mit den Leuten, die dankbar sind und einem anlächeln, die einem Hoffnung geben.

Wie könnte und sollte deiner Meinung nach die Politik/der Staat das freiwillige Engagement junger Menschen (besser) fördern?

Wie schon der Name "Freiwilligenarbeit" sagt, handelt es sich entweder um NGOs oder gar um private Organisatoren, die nichts mit dem Staat zu tun haben. Deswegen denke ich, ist das Wichtigste, dass kein Staat dieser Hilfeleistung Steine in den Weg legt. Speziell in der Flüchtlingshilfe wird der Einsatz durch freiwillige Helfer verweigert, beispielsweise im Detonationscamp in Moria. Es darf nicht sein, dass Freiwillige vor den Zäunen des Lagers stehen und Essen und Trinken sowie andere Dienstleistungen anbieten und diese aber abgelehnt werden, während die Leute in den Camps seit Tagen nicht mehr gegessen haben. Ausserdem fände ich es wichtig, dass die Politik die Freiwilligen nicht als Gegner anschaut und als "Gutmenschen" abstempelt, sondern dass man ein Stück weit das eigene Versagen als Hauptursache der Entstehung von privaten Organisationen anschaut und ihnen etwas zuspricht. Dabei muss es sich aber nicht einen materiell/-finanziellen Zuspruch handeln, sondern einfach die Anerkennung ihrer Arbeit. Um ein Beispiel zu nennen: Bezüglich dem Asylentscheid von Zaki, einem syrischen Kollegen von mir, könnte man ihm doch anerkennen, dass er zwei Monate in einer Schweizer Privatorganisation gearbeitet hat und selbst jetzt hier in der Schweiz im Zentrum täglich mit anderen Flüchtlingen unterwegs ist. Er geht in Arztpraxen oder Spitälern, um für sie zu übersetzen. Würde ihm diese "Freiwilligenarbeit" anerkannt werden, stünden seine Chancen vielleicht besser. Auch könnte man nach einem positiven Entscheid Gebrauch machen von seiner dringend benötigen Hilfeleistung als "Vermittler". Aber auf jeden Fall wäre es schön, gäbe es dafür so etwas wie ein Zertifikat.

Welches Ziel nachhaltiger Entwicklung passt am besten zu deinem Engagement?

Ich hätte das Ziel Nummer 16 gewählt, weil es das, was ich mir wünsche repräsentiert: Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen. Ich sage nicht, dass ich dies durch mein Engagement erreichen kann. Aber wenn alle zusammen in die gleiche Richtung arbeiten würden, dann müsste dies das Ziel sein.

Tobias Urech

21, wohnt in Zürich

Wie engagierst du dich freiwillig? Was ist deine Arbeit/ sind deine Projekte?

Mein Projekt ist das Milchbüechli. Das ist ein Magazin für LGBT-Jugendliche. Wir selber nennen uns provokativ „falschsexuelle Jugend“. Das Milchbüechli ist eines von ganz vielen Projekten der sogenannten Milchjugend.

 

Wieso engagierst du dich freiwillig?

Weil es sehr wichtig ist, dass auf dem Gebiet der LGBT etwas gemacht wird und zwar nicht nur in Bezug auf die Ehe. Momentan sprechen alle von dieser „Ehe für alle“. Aber es gibt noch ganz viele andere Probleme, beispielsweise ist die Suizidrate bei homosexuellen und trans*-Jugendlichen frappant höher. Dagegen muss man etwas tun. Wir wollen diese Jugendlichen abholen und ihnen mit unseren Projekten ein positives Erlebnis im Zusammenhang mit ihrer Falschsexualität geben. Es ist für mich persönlich sehr wichtig, mich hier zu engagieren. Anderseits sind natürlich auch die Leute der Milchjugend toll, der soziale Faktor schwingt beim Engagement sicherlich mit.

Könntest du dir vorstellen, auch in Zukunft mehr in diesem Bereich zu machen?

Definitiv, ich möchte mich weiter in diesem Gebiet engagieren und vielleicht sogar mehr Engagement auf mich zukommen lassen.

Was war der schönste Moment, den du bei deinem Engagement erleben durftest?

Da muss ich kurz nachdenken. Ein absolutes Highlight ist, wenn wir an der Pride beim demonstrieren sind. Das ist der Moment, wo wir zeigen können, dass wir sichtbar sind. Nicht nur gegenüber der Gesellschaft im Allgemeinen sondern auch innerhalb der LGBT-Bewegung, wo es viele unterschiedliche Strömungen gibt. Es ist ein grossartiges Gefühl, auf der Strasse zu sein und für etwas zu demonstrieren. Wir sind jeweils am Demonstrationsumzug der Pride dabei. Letztes Jahr haben wir farbig geschmückte Einkaufswagen durch die Strassen geschoben, aus denen wir das Milchbüechli verteilt haben. Auch hatten wir einen Stand auf dem Kasernenareal, wo das Festival stattfindet.

Wie könnte und sollte deiner Meinung nach die Politik/der Staat das freiwillige Engagement junger Menschen (besser) fördern?

Probleme bei der Freiwilligenarbeit sind meines Erachtens neben dem Geld auch immer die Räume. Die Politik sollte sich für Räume einsetzen, die engagierte Jugendliche für ihre Projekte nutzen können – natürlich neben einer tatkräftigen, finanziellen Unterstützung der Projekte. Zudem sollten Schwellen abgebaut werden, die im Kontakt mit Verwaltungen bestehen.

Welches Ziel nachhaltiger Entwicklung passt am besten zu deinem Engagement?

Am ehesten passt es zu Ziel 5 „Geschlechtergleichheit“ und Ziel 10 „Weniger Ungleichheiten“. Es geht eben nicht nur um Unterschiede zwischen schwul, lesbisch oder hetero, sondern darum, dass wir alle die gleichen Rechte verdienen und wir auf Gleichheit hinarbeiten sollen.

Julia

23, wohnt in Zürich

Wie engagierst du dich freiwillig ? Was ist deine Arbeit/deine Projekte?

Ich bin seit über einem Jahr im Vorstand von beraber Zürich tätig. Das ist ein Verein, der sich dafür verschrieben hat, dass Kinder mit einem Migrationshintergrund (die oft auch finanziell schlechter gestellt sind) günstig Nachhilfe erhalten können. Wir vermitteln Studenten, die sich dafür engagieren wollen, an diese Schüler. Ich bin auch als Lehrkraft in dem Verein tätig. Dies macht sehr viel Spass, man trifft verschiedene Leute und merkt wie die Kinder profitieren können.

 

Wieso engagierst du dich freiwillig?

Weil ich es sehr wichtig finde, dass alle die Chance haben, ans Gymnasium zu gehen oder sonst eine gute Ausbildung zu machen. Oft liegt es bei den Kindern daran, dass zuhause nicht Deutsch gesprochen wird. Dadurch haben sie einen klaren Nachteil. Ich denke mit nur schon einer bis zwei Stunden Nachhilfe pro Woche, in denen in ihrem gewohnten Umfeld Deutsch geredet wird, kann man viel erreichen. So schafft man eine gewisse Gewöhnung an die Sprache. Die Lehrer sind in der Regel auch als Ansprechpartner da, z.B. bei Fragen zu Integration oder bei sonstigen Problemen.

Was war der schönste Moment, den du bei deinem Engagement erleben durftest?

Eigentlich erlebe ich immer wenn ich neue Lehrkräfte treffe schöne Momente. Es sind Leute, die die Arbeit nicht für den Lohn machen, sondern weil sie die Sache gut finden. Da bekommt man sehr viel Zuspruch. Es sind Leute, die sagen, es sei ihnen wichtig, dass die Gleichheit gefördert wird. Sie interessieren sich persönlich dafür und ich finde es schön andere zu treffen, die dieses gleiche Interesse haben.

Wie sollte deiner Meinung nach die Politik/der Staat die Freiwilligenarbeit besser fördern?

Ich bin überzeugt davon, dass Personen, die sich freiwillig engagieren wollen, auch Wege finden, dies zu tun. Allerdings könnte man bspw. In der Öffentlichkeit noch mehr darauf aufmerksam machen, dass etwas unternommen wird – so erhalten die engagierten Leute zusätzlich Anerkennung und vielleicht bekommt Freiwilligenarbeit allgemein noch einen kleinen Popularitätsschub und zieht noch mehr Leute an. Was v.a. unserem Verein fehlt, sind Sponsoren. Wir würden gern mehr für unsere Lehrkräfte tun oder unser Einzugsgebiet ausweiten, aber ohne Geldgeber ist dies schwierig. Hier könnte die Politik für Sponsoren Anreize schaffen oder der Staat selbst als Geldgeber für solche längerfristigen Engagements auftreten. Oft werden von Fonds nur kurzfristige Events oder Projekte unterstützt, aber auf dauerhaftes Wirken ausgerichtete Vereine bleiben unbeachtet.

Welches Ziel nachhaltiger Entwicklung passt am besten zu deinem Engagement?

Das Ziel 10 „Weniger Ungleichheiten in der Gesellschaft“, unter anderem auch weil Vorurteile abgebaut werden. Auch das Ziel 4 „Hochwertige Bildung“ passt dazu, weil es Studenten sind, die Nachhilfe geben für die Kinder. Und das Ziel 16 „Frieden und Gerechtigkeit“, weil man Toleranz lernt und Einblicke in Familien erhält, die unter ganz anderen Lebensumständen leben als man selber.